Splittersichere Zeitzeugen aus Beton und Ziegel
Jeder hat sie schon einmal gesehen- Reste von Bunkern oder sogar komplett erhaltene Luftschutzanlagen, Lüftungstürme und Verschlussgitter- jedoch nimmt man diese Überbleibsel aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs nur selten bewusst wahr und nur ganz wenige wissen, was sie da eigentlich vor sich haben.
Die folgende Übersicht stellt einige dieser splittersicheren Luftschutzanlagen im Rheinland vor, es handelt sich um LS-Deckungsgräben, LS-Rundbauten, LS-Keller und Splitterschutzanlagen. Sie dienten je nach Anlage dem zivilen Luftschutz -also dem Schutz der Bevölkerung- oder dem Werksluftschutz zum Schutz der Beschäftigten eines Betriebes.
LUFTSCHUTZDECKUNGSGRÄBEN wurden außerhalb von Gebäuden als ein mit Beton überdeckter Graben angelegt. Sie boten im Gegensatz zu Luftschutzkellern noch Schutz vor Druckwellen detonierender Bomben.
LUFTSCHUTZRUNDBAUTEN wurden außerhalb von Gebäuden angelegt, wenn kein Platz für einen Deckungsgraben vorhanden war. Sie mussten ebenfalls Gas-, Splitter- und Trümmersicher sein sowie Druckwellen detonierender Bomben standhalten.
LUFTSCHUTZKELLER waren lediglich gas-, splitter- und trümmersichere Räume, die in Kellern von Gebäuden hergerichtet wurden.
SPLITTERSCHUTZANLAGEN dienten den wenigen Personen, die ihren Arbeitsplatz nicht verlassen konnten, oder als Brandwache.
Luftschutzdeckungsgräben
Deckungsgräben wurden grundsätzlich außerhalb von Gebäuden als ein mit Beton oder Ziegel überdeckter Graben angelegt. Sie boten Schutz vor Druckwellen detonierender Bomben zudem waren sie Trümmer-, Splitter- und Gassicher.
Die am häufigsten im Rhein-Kreis Neuss errichteten Deckungsgräben haben ihren Ursprung in Duisburg Rheinhausen. Unter dem dortigen Marktplatz wurde die erste Anlage dieses Typs gebaut, weshalb er den Namen Rheinhausener Deckungsgraben trägt. Sein Schutzraum Querschnitt ist immer 2,70 Meter breit und gewölbeförmig. Er zeichnete sich durch eine einfache und materialsparende Bauweise, sowie einem hohen Schutzgrad aus. Deshalb bevorzugte der Landrat in Grevenbroich den Bau dieser Deckungsgräben. In Neuss wurde er ab 1943 so häufig gebaut, dass man ihn in unserer Region bald Deckungsgraben oder auch Panzergraben Neusser Typ nannte.
Fotos von Luftschutzdeckungsgräben
Luftschutzdeckungsgraben vom Typ Rheinhausen
Luftschutzdeckungsgraben, Eingangsbauwerke
Luftschutzdeckungsgraben, Gasschleuse
Luftschutzdeckungsgraben, Außenansicht mit Belüftungstürmchen
Luftschutzdeckungsgraben, Gasschleuse mit Filteranlage
Luftschutzdeckungsgraben, Typ Rehinhausen
Luftschutzdeckungsgraben, Sitzplatznummern an der Wand
Luftschutzdeckungsgraben, Splitterschutzwand zur Trennung zweier Schutzräume
Luftschutzdeckungsgraben, Notausstieg
Luftschutzdeckungsgraben vom Typ Rheinhausen, rekonstruiert
Luftschutzdeckungsgraben vom Typ Rheinhausen, rekonstruiert
Luftschutzdeckungsgraben vom Typ Rheinhausen, Außenansicht
Luftschutzrundbauten
Eine besondere Art des Luftschutzrundbauten war der sogenannte "Moerser Topf". Ab 1943 wurde er vielerorts am gesamten Niederrhein errichtet. Die Baupläne gehen auf den Ingenieur Georg Ludwig Eberlein zurück. Der aus Mittelfranken stammende Eberlein heiratet in ein Moerser Bauunternehmen ein und entwarf dort um 1941 einen Bunker Typ den er "Moerser Topf" nannte.
Diese Bauform zeichnete sich durch eine hohe Schutzwirkung bei einfacher und einheitlicher Bauweise, sowie einem geringen Materialbedarf aus. Die Bauzeit lag bei ca. 2 Monaten. Der Schutzraum ist dabei immer Kreisrund angelegt und mittig durch eine Betonsäule abgestützt, sein Durchmesser kann variieren. In die Säule sollten grundsätzlich Schächte für Zu- und Abluft eingelassen werden, die mittels eines Handlüfters frische Luft ins Innere fördern.
Durch das zur Verfügung stehende Raumvolumen wurde die Anzahl der zulässigen Schutzplätze bestimmt. Bei Anlagen mit Belüftung genügten 1m³/0,5m² und ohne Belüftung 3m³/1,5m² pro Person.
Im Gegensatz zum Schutzraum der immer kreisrund war konnten die Eingänge und Notausgänge in ihrer Form unterschiedlich ausgeführt werden. Sie wurden zumeist dem Gelände und den örtlichen Anforderungen entsprechend angelegt.
Fotos von Luftschutzrundbauten
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Eingang zum Schutzraum
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum mit fluoreszierender Farbe
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum mit fluoreszierender Farbe
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum mit Mittelsäule
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum mit Mittelsäule
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum Blick zum Notausgang
LS-Rundbau vom Typ Moerser Topf, Schutzraum mit Mittelsäule
Original Bauplan vom Moerser Topf
Luftschutzkeller und Räume
Die am weitverbreitetsten Luftschutzanlagen waren Kellerräume, die zumeist notdürftig als Luftschutzraum hergerichtet wurden. Obwohl es sie in fast jedem Haus gab, sind diese Luftschutzkeller und Räume heute für uns unsichtbar. Denn von außen sind sie häufig nicht mehr als solche erkennbar.
Mit der Einführung der ersten Luftschutzgesetzte am 26. Juni 1935 wurde die Bevölkerung zur Mitarbeit im Luftschutz verpflichtet und ab dem 4. Mai 1937 war der Einbau von Luftschutzräumen bei Neu- und Erweiterungsbauten vorgeschrieben. Organisiert war der Luftschutz als Selbstschutz, der Gedanke dahinter: "wenn sich jeder selbst schützt, ist für alle gesorgt". So wurden in Friedenszeiten viele Kellerräume in Eigenleistung zu Luftschutzräumen umgebaut.
Luftschutzkeller mussten folgende Anforderungen erfüllen:
- Einsturzsicher - um die Trümmerlast des Hauses tragen zu können.
- Splittersicher - zum Schutz vor Splittern die durch detonierende Bomben entstehen.
- Gassicher - um das Eindringen von Kampfstoffen zu verhindern.
- Notausgang - für den Fall das der Hauptzugang verschüttet ist.
Fotos von Luftschutzkellern und Räumen
Bauplan eines behelfsmäßig hergerichteten Luftschutzkellers
Luftschutzkeller mit Luftschutztür aus Holz
Luftschutzkeller, mit verstärkter Betonwand und Luftschutztür aus Stahlblech
Luftschutzkeller mit Luftschutztür aus Holz
Luftschutzkeller mit Notausgang
Notausgang eines Luftschutzkellers
Treppenabgang zu einem Luftschutzkeller
Luftschutzkeller
Mauerdurchbruch in einem Luftschutzkeller
Splitterschutzanlagen
Splitterschutzanlagen wurden zumeist als Brandwache und an Maschinen und Anlagen eingesetzt, bei denen der Beobachter seinen Posten auch im Falle eines Luftangriffs nicht verlassen durfte wie z.B. bei der Reichsbahn. Dort konnten Mitarbeiter wie Lokführer und Weichensteller in den Anlagen Schutz suchen.
Diese kleinen Bauwerke waren nur für wenige Personen ausgelegt und dienten nur dem Aufenthalt während des unmittelbaren Angriffs. Die Insassen waren mit Gasmasken versehen und auf sich alleine gestellt.
Eine Splitterschutzanlage hatte im besten Fall eine Funk- bzw. Telefonverbindung, um Brände oder Ereignisse an die nächst höhere Stelle weiterzugeben. Sie boten mit ihren ca. 40 cm Wandstärke lediglich Schutz vor umherfliegenden Splittern, direkte Einschläge oder Detonationen in der Nähe überlebten die Insassen nicht.
Fotos von Splitterschutzanlagen
Splitterschutzzelle, auch Einmannbunker genannt
Splitterschutz vor einem Luftschutzkeller
Splitterschutzzelle, auch Einmannbunker genannt
Brandwache
Brandwache, Schutzraum
Brandwache, Schutzraum Blick zum Eingang
Brandwache, Sehschlitz (Innenansicht)
Brandwache, Sehschlitz (Außenansicht)
Brandwache, Blick durch den Sehschlitz