Dokumentation

Die Dokumentation von Luftschutzanlagen im Rhein-Kreis Neuss ist unserer wichtigste Aufgabe. 

Hier finden Sie einen Teil der von uns dokumentierten Luftschutzanlagen. 

Hochbunker - Adolf-Flecken-Straße


Unweit des Neusser Hauptbahnhofs ist ein Hochbunker erhalten geblieben. Die viergeschossige Anlage wurde 1941 im Rahmen der 1. Welle des so genannten „Führer Sofortprogramms“ für rund 660.000 Reichsmark errichtet. Während des Zweiten Weltkriegs fanden ca. 1.300 Personen in dem Gebäude einen bombensicheren Schutzplatz. 

Direkt nach dem Krieg wurde der Bunker zum Notquartier für Obdachlose und Menschen die aus den ehemaligen Ostgebieten, sowie der DDR nach Neuss flüchteten. Da ca. 30% der Wohngebäude durch Kriegseinwirkungen zerstört oder schwer beschädigt wurden, war die Wohnungsnot hier besonders groß. Der Zuzug von mehreren tausend Flüchtlingen verschärfte diese Situation zusätzlich. 

Vor einiger Zeit konnten wir den Bunker an der heutigen Adolf-Flecken-Straße gemeinsam mit einem Zeitzeugen besuchen. Im Mai 1949 kam er aus seiner Ostpreußischen Heimat nach Neuss und zog mit seinen Eltern und seiner Schwester in den Hochbunker ein. Dort bekamen sie zwei 6,8 m² große Kammer zugewiesen. Einen Tisch und Stühle gab es genau so wenig wie Türen und Fenster, Matratzen waren die einzige Ausstattung. 

Das Deutsche Rote Kreuz war ebenfalls dort untergebracht weshalb die Schwestern rund um die Uhr zur Stelle waren und den Bunker-Bewohnern mit Rat und Tat zur Seite standen. Obwohl der Vater Arbeit hatte, konnte die Familie erst im November 1951 eine eigene Wohnung beziehen. So haben sie rund 2 ½ Jahre, ohne Fenster und Privatsphäre in dem Hochbunker gelebt. Erst Mitte der 50er Jahre wurde die Notunterkunft endgültig geschlossen. 

Ende der 80er Jahre baute die Stadt Neuss den Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg zu einem Atomschutzbunker um. Dafür wurden die Trennwende der Kammern entfernt und die Toiletten erneuert. Zusätzlich erhielt der Bunker neue Drucktüren und eine Filteranlage, die Frischluft durch einen großen Sandfilter ansaugte. Bedingt durch die Umbaumaßnahmen und die neuen Anforderungen bot der Atombunker nur noch Platz für 700 Personen.

Fotos vom Hochbunker - Adolf-Flecken-Straße

Skizze des Bunkers

Eingangsbereich mit Beschriftung aus den 40er Jahren und neuer Drucktür

Neue Drucktür

Flur im Erdgeschoss

Schutzraum mit herausgetrennter Zwischenwand

WC und Waschraum

WC mit Anti-Suizid-Vorhang

Treppenhaus im Erdgeschoss

Flur im Untergeschoss

Schutzraum in der ursprünglichen Größe

Sandfilter 

ABC-Filteranlage 

Hochbunker -  Berghäuschensweg 

Im Jahr 1941 wurde der Hochbunker am Berghäuschensweg in Neuss für rund 380.000 Reichsmark errichtet. Er verfügt über 33 Kammern die jeweils 6,75 m² groß sind. Zu Beginn des Bombenkrieges waren sie mit einer Bank und wahrscheinlich mit zwei Doppelstockbetten ausgestattet. So dass jede Kammer 4 Liegeplätze und ca. 5 Sitzplätze bot. Von dieser Belegung ausgehend fanden alleine in den Kammern 297 Personen Platz. Weil im Verlauf des Krieges immer mehr Menschen in die bombensicheren Hochbunker strömten entfernte man häufig die Doppelstockbetten und ersetzte sie durch einfache Holzbänke. So konnten pro Kammer rund 14 Personen aufgenommen werden. Was die Belegungszahl in den 33 Kammern schon auf 462 erhöhte.

Zusätzlich zu den Kammern fanden rund 274 Schutzsuchende auch in den Fluren und den übrigen Räumen Platz, was die Gesamtkapazität auf 736 ansteigen ließ. Gemessen an der zur Verfügung stehenden Raumluft betrug die absolute Obergrenze für diesen Bunker 900 Personen.

Das Bauwerk verfügte über eine Heizungsanlage, vier Raumluftfilter, drei WC- und Waschräume, drei Notküchen sowie über ein eigenes Notstromaggregat. Durch den hochgezogenen Kaminturm gleicht sein Erscheinungsbild, dem einer Kirche. Der Grund dafür liegt nicht nur in dem Versuch feindliche Bomber zu täuschen sondern vielmehr in der Ästhetik des Bauwerks. 

Ursprünglich sollten alle Hochbunker mit Ziegeln oder Natursteinen verkleidet werden und sich so ins vorhandene Stadtbild einfügen. Nach dem Willen der Nationalsozialisten sollten die so entstandenen Gebäude aussehen wie Kirchen, Burgen oder mittelalterliche Stadtbefestigungen um nach dem erhofften “Endsieg“ den Anwohnern einen schönen Anblick zu bieten.

Am Berghäuschensweg erkennt man noch heute die Natursteinverkleidung am Eingangsportal und am Sockel des Bunkers. Aufgrund von Engpässen in der Beschaffung von Arbeitskräften und Material wurden diese Verschönerungsarbeiten nicht zu Ende geführt.

In den 70er Jahren richtete die Stadt den Bunker noch einmal notdürftig für den Atomschutz her. So wurden viele Stellen mit fluoreszierender Farbe bestrichen, eine neue Heizungsanlage installiert und einige Türen sowie die Bänke aus den Kammern entfernt. Die Filteranlagen von 1940 blieben genau wie die WC-Anlagen im Originalzustand erhalten.

Fotos vom Hochbunker - Berghäuschensweg

Skizze des Bunkers

Außenansicht des Bunkers

Das Treppenhaus

Platz für den Ordner

Flur im 1. Obergeschoss

Schutzraum, die fehlende Bank ist gut erkennbar

Schutzraum

Schutzraum, fluoreszierende Farbe (als Notbeleuchtung) an der Lampe

Notküche

Überdruckventil

Treppenhaus

Auf dem Dach des Bunkers

Filteranlage

Elektrische Anlagen 

Notstromaggregat

Natursteinverkleidung am Sockel des Bunkers

Tiefbunker - Neuss

Mit Genehmigung der Stadt Neuss konnten wir einen weiteren Bunker besichtigen. Diese öffentliche Luftschutzanlage wurde bereits im Jahr 1938 für 22.300 Reichsmark errichtet. 1943 verstärkte man die Betondecke, um so auf die erhöhte Sprengkraft der Bomben zu reagieren. Aufgrund des frühen Baujahrs ist diese Anlage eine Besonderheit im Neusser Stadtgebiet. Sie unterscheidet sich in ihrer Bauform von den sonst üblichen Neusser Deckungsgräben, die meistens aus 2,70 Meter breiten und 10,50 Meter langen, gewölbeförmigen Röhren bestehen. 

Rund 200 Personen fanden Platz in den drei unterirdischen Schutzräumen. Während des Krieges flüchteten häufig auch Schüler der nahegelegenen Volksschule in diesen Bunker.

In der Nachkriegszeit wurde der Bunker von verschiedenen Vereinen und Privatpersonen genutzt, die das Innere ihren Bedürfnissen entsprechend angepasst haben. So sind heute kaum noch original Einbauten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erhalten geblieben. 

Mit Änderung der Brandschutzverordnung, Anfang der 2000er Jahre, mussten die Mieter plötzlich ausziehen und haben deshalb viele Einrichtungsgegenstände einfach im Bunker zurückgelassen.

Fotos vom Tiefbunker

Skizze des Tiefbunkers

Treppenabgang

Schutzraum 2 mit Toiletten

Schutzraum 2

Schutzraum 2

Originale Bank im Schutzraum 2

Schutzraum 1 im Hintergrund die Steigeisen zum Notausgang

Schutzraum 1 

Schutzraum 3

Scheinwerk - Zons


Während des Zweiten Weltkriegs galt im gesamten Deutschen Reich eine gesetzliche Verdunklungsverordnung. In ihr war geregelt dass alle Lichtquellen von Einbruch der Dunkelheit bis zum Sonnenaufgang so zu verdunkeln waren, dass kein Licht ins Freie scheinen konnte. So sollten Städte und Industrieanlagen für feindliche Bomber „unsichtbar“ gemacht werden.
Weil die Royal Air Force zu Beginn des Krieges meistens im Schutz der Dunkelheit und ohne Radar oder Funkleittechnik angriff, zeigte die Verdunklung auch Wirkung. 
Um kriegswichtige Industriebetriebe zusätzlich zu schützen errichtete man sogenannte Scheinanlagen. Diese bestanden aus einfachen Attrappen die in ihrer Form und Anordnung dem zu schützenden Werk ähnelten. Während die echte Industrieanlage verdunkelt und getarnt war, wurde das Scheinwerk elektrisch oder mit Feuer beleuchtet und möglichst auffällig präsentiert. So sollten die feindlichen Bomber dazu verleitet werden ihre Bombenlast über den Attrappen abzuwerfen und nicht auf die tatsächliche Anlage.
Im Kreisgebiet gab es mehrere dieser Scheinanlagen. Eine von ihnen war am Rhein in Zons aufgebaut. Hier wurden die 3 km entfernten und ebenfalls am Rhein liegenden Rhenania-Ossag Mineralölwerke in Düsseldorf Lohausen nachgebildet. Während man in Düsseldorf die auffälligen Silhouetten der Tanks durch Überbauten tarnte, strich man in Zons die runden Attrappen mit heller Farbe an und bildete sogar die Straßen des Werks möglichst genau nach. Obwohl die Scheinanlage bereits im November 1941 von der RAF enttarnt wurde, war sie bis Ende 1942 regelmäßig im Einsatz. Ob sie tatsächlich ihre Aufgabe erfüllte und Flugzeuge zum Abwurf ihrer Bomben verleitete ist uns nicht bekannt.

Das getarnte Werk der Rhenania-Ossag Mineralölwerke in Düsseldorf Lohausen 

Das Scheinwerk in der Nähe von Zons

Bau und Betriebsgrundsätze für Scheinanlagen

Bauplan für einen Schein Kühlturm

Bauplan für einen Schein Kühlturm


Schulschutzraum - Dormagen

Bei dem Wort Bunker denkt man automatisch an die Zeit des Zweiten Weltkriegs, doch auch im Kalten Krieg baute man etliche Bunkern und Schutzräumen. Einige der sogenannten “Atombunker“ wurden auch im Kreisgebiet gebaut und sind bis heute erhalten geblieben.

Im Gegensatz zu den Weltkriegsbunkern waren Atombunker für einen längeren, aber dafür nur einmaligen Aufenthalt konzipiert. Man ging nicht davon aus dass der Einsatz von Atomwaffen spontan geschehen, sondern sich durch einen politischen Spannungsfall ankündigen würde. Mit eintreten des Spannungsfalls hätte man viele Schutzräume überhaupt erst eingerichtet. 

Unter einer Dormagener Schule befindet sich einer der häufig gebauten Schulschutzräume. Wobei der Begriff irreführend ist, denn dieser Bunker war nie für die sichere Unterbringung von Schülern vorgesehen. Unterricht hätte im Spannungsfall wahrscheinlich eh nicht mehr stattgefunden. Vielmehr sollte er Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung, Personen die sich im Gebäude aufhielten und Anwohner der direkten Nachbarschaft Schutz bieten. Der Name Schulschutzraum leitet sich von seinem Standort ab. In NRW gab es lange Zeit die Verpflichtung bei kommunalen Neu- und Erweiterungsbauten Schutzräume zu errichten. So erhielten viel Schulen, Hochschulen aber auch Kindergärten, Jugend- und Altenheime sowie Krankenhäuser einen atomsicheren Schutzraum. Gemäß der damals geltenden Vorschriften wurden anfangs nur Schutzräume für max. 50 Personen, ab den 70er Jahren dann für 300 Personen gebaut. 

Der von uns dokumentierte Schutzraum in Dormagen stammt offensichtlich aus den 60er Jahren, da seine Größe max. 50 Schutzplätze zulässt. Seine Wand- und Deckenstärke ist mit 40 cm zwar gering, reichte aber aus um die Insassen vor Strahlung zu schützen. Mit einem direkten Atomwaffenangriff auf Dormagen war nicht zu rechnen, weil sich solche Massenvernichtungswaffen ausschließlich auf Großstädte wie Köln, Düsseldorf und dem gesamten Ruhrgebiet richteten. Deshalb mussten dieser Atombunker nicht zwingend Druckwellen standhalten. 

Von der Gasschleuse erreicht man drei Räume, von denen einer als WC- und Waschraum genutzt wurde. Zu erkennen ist dies nur noch an den Rohrleitungen die aus den Wänden kommen, alle Einbauten wurden mittlerweile restlos entfernt.  Die beiden 40,5 ²m großen Schutzräume verfügten jeweils über eine Filteranlage die die Frischluftzufuhr sicherstellte. Beide Filteranlagen sind noch vorhanden und funktionieren einwandfrei. Am Ende der Schutzräume legte man die Notausgänge an, die über Steigeisen auf den Schulhof führten. 

Nach Ende des Kalten Krieges nutzte die Schule den Bunker offenbar als Proberaum, was die Reste von Dämmmatten an den Wänden erklärt. Heute werden die unterirdischen Räume nur noch als Lagerraum genutzt. 

Skizze Schulschutzraum

Schutzraum

Filteranlage

Schutzraum mit Filteranlage

Schutzraum mit Filteranlage

Gasschleuse mit Drucktüren

Notausgang

Notausgang

Zeitung vom  23. Januar 1980

Tiefbunker - Krankenhaus Grevenbroich


Im Gegensatz zum Selbstschutz, welcher sich ausschließlich mit den Luftschutzfragen im privaten Wohnraum befasste, regelte der erweiterte Selbstschutz alle Luftschutzmaßnahmen im öffentlichen Raum, wozu auch Krankenhäuser, Heil- und Pflegeanstalten zählten.  

Zum Schutz des Lebens der Insassen von Lazaretten, Krankenhäusern, Heil- und Pflegeanstalten wurde mit Erlass vom 12.06.1942 angeordnet, dass all diese Einrichtungen so viele Luftschutzräume zu schaffen hatten, dass die gesamte Belegschaft und alle Patienten dort sicher untergebracht werden konnten. Zudem mussten im erforderlichen Maße behelfsmäßige Operationsräume eingerichtet werden.

Auf Grund dieser Bestimmungen und der immer stärker werdenden Luftangriffe, begann man Ende 1943 auch am St. Elisabeth Krankenhaus in Grevenbroich mit dem Bau eines Bunkers. Als Standort wählte man die Freifläche vor dem 1935 fertiggestellten Hauptgebäude an der Von-Werth-Straße aus. Der Notausgang und die Erdaufschüttung in diesem Bereich sind noch heute weithin sichtbar. Die Ratsherren der Stadt besichtigten den vom Bauunternehmer Pick gebauten Bunker am 6. Juli 1944 und waren von seiner Einrichtung beeindruckt. Eine lange Rampe führt mittig vom Hauptgebäude in den 226 m² großen unterirdischen Bau. Im Kern besteht er aus einem Behandlungsbereich in dem bettlägerige und schwerverletzte Patienten weiter versorgt werden konnten. Direkt daneben befindet sich ein Operationsraum, der nach dem Krieg als Kühlkammer für die Krankenhauseigene Metzgerei genutzt wurde. Auf Grund der Nachnutzung wurde der Raum stark verändert. Neue Fliesen, Metallschienen zur Aufbewahrung von Fleisch und eine andere Tür wurden eingesetzt.   
Neben dem Behandlungsbereich verfügte der Bunker ursprünglich über eine Heizungsanlage, die alle Räume durch Rohre beheizte. Reste der Anlage sind erhalten geblieben. Anzeichen für Toiletten mit Wasserspülung gibt es keine. Zur Verrichtung der Notdurft wurden offenbar Trockenklosetts benutzt. Leichtverletzte, die Belegschaft, Besucher und Passanten fanden Schutz in den beiden langgezogenen Schutzräumen. In den 1,80 Meter breiten und 12 bzw. 17 Meter langen Räumen standen Bänke entlang der Wände, auf denen Schutzsuchenden Platz nahmen. Am Ende der beiden Schutzräume befinden sich Gasschleusen und die vorgeschriebenen Notausgänge. Weil der Behandlungsbereich bis in die 80er Jahre als Lagerraum für die Apotheke, Küche und Metzgerei genutzt wurde, ist er leider nicht mehr im Originalzustand. Wohingegen der kleinere Schutzraum mit Gasschleuse und Heizungsraum seit den 60er Jahren nicht mehr genutzt wurde und deshalb einem Umbau entgangen ist. Hier haben sich neben Teilen der Heizungsanlage, Stahlblechtüren und ein Waschbecken erhalten.  

Ursprünglicher Operationsraum, später zur Aufbewahrung von Fleisch genutzt

Blick in den Behandlungsraum für Schwerverletzte 

Der Schutzraum für Leichtverletzte, Besucher und Personal

Die Rampe, Verbindung vom Krankenhaus zum Bunker

Heizungsraum

Blick in den Schutzraum für Passanten 

Schutzraum

Schutzraum für Passanten mit Blick zur Gasschleuse

Die Gasschleuse

Eingang zur Gasschleuse

Waschbecken und Reste der Heizungsanlage

Bei der Dokumentationsarbeit

Regal in der Gasschleuse

Skizze

Werkluftschutz - Bauer & Schaurte in Neuss

Während sich der Selbstschutz und der erweiterten Selbstschutz mit den Luftschutzfragen im privaten und öffentlichen Raum befasste, war der Werkluftschutz ausschließlich für Industrie und größere Gewerbebetriebe zuständig. Seine Hauptaufgaben bestanden darin, die Schäden von Luftangriffen so gering wie möglich zu halten und somit die Produktion weiterhin zu gewährleisten.  

Neben einer straffen Organisation von Einsatzkräften wurden auch bauliche Maßnahmen, wie das Herrichten von Luftschutzkellern und der Bau von Luftschutzanlagen, in den Betrieben umgesetzt.
 

Das Neusser Unternehmen Bauer & Schaurte verfügte über mehrere Luftschutzkeller und eine außergewöhnlich große Luftschutzanlagen am Weißenberger Weg, die mittlerweile vollständig abgerissen wurde. Mit dem Bau der rund 1.300 m² großen unterirdischen Anlage wurde im Jahr 1937 begonnen. Bis zu ihrer Fertigstellung im Jahr 1939 beliefen sich die Kosten auf ca. 270.000 RM. Aufgrund der geringen Deckenstärke von gerade einmal 50cm können wir nicht von einem Bunker, sondern nur von einem Luftschutzkeller sprechen. Zwar war der Schutzgrad durch die unbewehrte Betondecke eher gering, dafür verfügte die Anlage über eine umfangreiche Ausstattung auf dem modernsten Stand der damaligen Zeit, bestehend aus einer Sanitätsstelle, Gasspür- und Entgiftungsgerät, Luftfilteranlagen und einem eigenen Telefonnetz.

Die für den späteren Bombenkrieg unzureichende Deckenstärke erklärt sich durch das frühe Baujahr der Anlage. In der Vorkriegszeit rechnete man zwar mit zukünftigen Luftangriffen, die in ihrer Intensität aber falsch eingeschätzt wurden. Dies liegt u.a. an den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, der noch nicht so leistungsfähigen Flugzeuge und dem festen Glauben an die deutsche Flugabwehr. 

Das Bauer & Schaurte schon vor Kriegsbeginn so massiv in den Luftschutz investierte liegt zum einen daran, dass es bereits im Frühjahr 1937 als geschützter Rüstungsbetrieb und zwischen 1939 und 1945 als „kriegswichtiger“ Betrieb galt. Durch die Produktion von Spezialschrauben für Flugzeuge und Panzer war das Neusser Unternehmen von erheblicher Bedeutung für die deutsche Kriegsführung. Aber auch die enge Verbindung zum NS-Regime wird dazu beigetragen haben. Werner Theodor Schaurte, war NSDAP- und SA-Mitglied. Seine Gesinnung trat schon anlässlich der Maifeiern 1933 öffentlich zu Tage, wo er an der Spitze des 115 Mann starken werkseigenen SA-Sturms aufmarschierte. Auch die Fahnenweihe der Standarte des SA-Sturms durch Hitler persönlich sowie der gemeinsame Besuch Schaurtes und Hermann Görings bei der Ausstellung “Schaffendes Volk“ 1936 in Düsseldorf zeigen die Verbundenheit zur NS-Regierung deutlich.

Auf dem Gelände wo auch der große Luftschutzraum lag, wurde Ende 1942 eins der drei Zwangsarbeiterlager errichtet. Das Lager am Weißenberger Weg bestand aus 4-6 Holzbaracken in denen 250 bis 500 sogenannte Ostarbeiter interniert wurden. Bewacht wurde das Lager von einem werkseigenen Lagerführer und zivilen Wachleuten, die alle dem Firmenpersonal angehörten. Schon 1942 setzte das Unternehmen bei der Ernährung der Zwangsarbeiter auf das unmenschliche Prinzip der „Leistungsernährung“, wonach die Verpflegung an die individuelle Arbeitsleistung gekoppelt wurde. Für die Betroffenen bedeutete dies, dass die noch stärker der Gefahr von Auszehrung ausgesetzt waren. Außerdem wurden die Kürzungen der Essensrationen auch auf die Personen ausgedehnt, die mit den angeblich „Leistungsunwilligen“ in einer Einheit  zusammenarbeiteten. Bei der Anwendung dieses unmenschlichen Prinzips scheint die Neusser Firma eine gewisse Vorreiterrolle gespielt zu haben, war sie doch in einem Bericht der Düsseldorfer Industrieabteilung im Jahre 1942 an die Reichsgruppe Industrie in dieser Hinsicht ausdrücklich gelobt worden.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden bei Bauer & Schaurte in Neuss rund 2.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt. Obwohl sich die große Luftschutzanlage direkt unter dem Lager befand, durften die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter dort keinen Schutz suchen. So kamen beim Luftangriff am 22. Oktober 1944, 65 überwiegend osteuropäische Arbeitskräfte ums Leben. Dabei wurden auch die unterirdischen Schutzräume getroffen. Die Bomben durchschlugen die Betondecken von mindestens zwei Schutzräumen.